Take Care

Multimedia Installation über Familiäre Pflege und Fürsorge

Master Arbeit: Social Design, Design Academy Eindhoven, 2025

Dieses Projekt beschäftigt sich mit familiärer Care-Arbeit. Insbesondere mit der Frage, wie wir innerhalb der Familie für alternde Eltern sorgen können, ohne dass dabei ihre Individualität, Rituale und Beziehungen verloren gehen. Wie kann Pflege nicht ausschließlich körperliche Unterstützung meinen, sondern auch emotionale Nähe, Ausdrucksmöglichkeiten und das gemeinsame Gestalten des Lebens.

Ausgangspunkt war die Situation meiner Mutter, die an Parkinson erkrankte und inzwischen auf tägliche Unterstützung angewiesen ist. Das Haus, das sie bewohnt, hatte schon immer eine große Relevanz für sie und wird von ihr mit großer Hingabe gepflegt. Eine ihrer langjährigsten Routinen war das Arrangieren von frischen Blumen im Haus – ein kleiner, aber sehr bedeutungsvoller Akt und Ausdruck von Stolz, Ästhetik und Selbstbestimmtheit. Seit sie das körperlich nicht mehr allein bewältigen kann, ist dieses Ritual für uns als Familie zu einer neuen Form von Fürsorge geworden. Etwas, das nicht nur als körperliche Hilfeleistung dient, sondern als Möglichkeit, ihren Gestaltungswunsch und ihre Kreativität und Perspektive weiter sichtbar und würdevoll wirksam werden zu lassen.

Daraus entstand eine raumgreifende künstlerische Arbeit, die dokumentiert, übersetzt und erfahrbar macht, wie sich Fürsorge im Privaten ausdrücken kann. In der Installation, angelehnt. Die an eine vertraute deutsche Wohnhausfassade angelehnte Installation, eröffnet den Blick ins Innere und Intime. Videos in den Fenstern zeigen Objekte, Blumenarrangements und Keramiken, die ich gemeinsam mit meiner Mutter gestaltet habe. Die Arbeit thematisiert nicht nur den Wandel von Rollen innerhalb der Familie, sondern auch die stillen räumlichen und sozialen Anpassungen, die mit Care einhergehen.

Care ist nicht nur Funktion, sondern Beziehung. Es geht um das Wahrnehmen, Anerkennen und Mitgestalten. Darum, wie wir einander begegnen, wenn sich das Leben verändert. Dieses Projekt ist mein Versuch, diese Prozesse sichtbar zu machen, Zugang zu ermöglichen – und sie als Teil eines größeren gesellschaftlichen Themas zu verhandeln.

Die videografische Arbeit gliedert sich in vier ineinander verwobene Schritte, die jeweils unterschiedliche Dimensionen von Pflege und Fürsorge sichtbar machen:

Blumenarrangieren als Geste der Fürsorge:

Im Zentrum steht das Blumenarrangieren. Mit dem Fortschreiten ihrer Erkrankung ist diese Tätigkeit meiner Mutter zu einer gemeinsamen geworden. Nicht mehr allein ausführbar, bleibt sie doch ein Ort, an dem ihre Vorlieben, ihr Sinn für Ästhetik und ihr Rhythmus weiterleben. Diese gemeinsame Geste bildet den Ausgangspunkt meiner Auseinandersetzung: Sie steht exemplarisch für eine Form von Fürsorge, die nicht ersetzt, sondern begleitet.

Blumen als Metapher für Zeit und Aufmerksamkeit:

Im nächsten Schritt treten die Blumen selbst als symbolisches Element hervor: Sie stehen für Vergänglichkeit, Wandel, aber auch für wiederkehrendes Bemühen um Schönheit, Struktur und Fürsorge. Ihr Erscheinen und Verwelken wird in der Installation zu einer Metapher für das Vergehen von Zeit, für die Zyklen der Pflege, für die Veränderungen im Leben – aber auch für die Kontinuität in der Beziehung.

Veränderungen im Raum:

Der Blick weitet sich vom Objekt zum Raum: Die häusliche Umgebung und damit auch unsere familiären Strukturen, verändern sich im Laufe der Pflege. Diese Anpassungen reichen von kleinen Improvisationen bis hin zu sichtbaren räumlichen Umgestaltungen. Die Arbeit dokumentiert diese subtilen Veränderungen, die oft im Stillen passieren, aber deutlich machen, wie Räume Fürsorge mittragen.

Aktive Gestaltung, neue Rituale und Imperfektion als Ausdruck:

Im letzten Schritt geht es um das bewusste gemeinsame Gestalten: nicht als Versuch, frühere Routinen exakt zu reproduzieren, sondern als Einladung, neue Formen zuzulassen. Gemeinsam mit meiner Mutter formten wir Vasen aus Ton. Dabei wurden die krankheitsbedingten Einschränkungen – wie zitternde Hände, fehlende Kraft, unregelmäßige Bewegungen – nicht korrigiert, sondern bewusst in die Objekte eingeschrieben. Die entstehenden Imperfektionen sind keine Makel, sondern tragen ihre eigene, ehrliche Sprache. Sie machen die Spuren der Zusammenarbeit sichtbar und die Vasen zu individuellen Zeugnissen eines Prozesses, in dem Fürsorge, Ausdruck und Veränderung miteinander verschmelzen.

Aus diesen vier Schritten setzt sich die Videoinstallation zusammen. Sie erzählen nicht nur von Pflege, sondern von Beziehung, Wandel, Schönheit und dem Versuch, einen liebevollen Raum zu erschaffen, in dem trotz Krankheit und Abhängigkeit, Selbstwirksamkeit und Nähe bestehen können.

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Take Care and Goodbye